Von der Musik am Morgen hängt es ab, wie der Tag wird Jetzt geht es…
Nicoleta Ion, Pianistin | Hannover
8. Februar 2016Dr. Samira Schroeder Global Product Manager, Hamburg
25. Februar 2016Er hat einen der wohl schwierigsten Jobs momentan: Stephan Deußer ist als Projektleiter für den Bau der Elbphilharmonie verantwortlich. Das geplante Konzerthaus in Hamburg ist aufgrund immenser Kostensteigerungen und zeitlicher Verzögerung beim Bau massiv in die Kritik geraten. Wie geht er mit der hohen Verantwortung und dem Druck um?
Wie lange arbeitest du schon an der Elbphilharmonie in Hamburg?
Im Herbst 2006 war ich zum ersten Mal wegen dieses Projekts in unserer Niederlassung in Hamburg. Ich hatte einen Termin mit dem damaligen Niederlassungsleiter. Er wollte herausfinden, ob ich als Bauleiter für den Part der Gebäudehülle also alles, was mit der Fassade dem Dach und der Plaza zu tun hat – geeignet bin. Sein Gesprächsansatz war interessant: Er sagte mir, dass er davon ausgeht, dass ich fachlich für die Aufgabe geeignet bin. Was er aber heraus finden wollte, war, wie ich meine Mitarbeiter führe und ob ich in das Team passe.
Ich bin damals nach dem Termin an die zukünftige Baustelle, den Kaispeicher A, gefahren und dort spazieren gegangen. Es hat für meine Verhältnisse – ich komme aus der Nähe von Darmstadt – total gestürmt und es war eiskalt. In dem Augenblick habe ich mich gefragt, ob es so eine gute Idee war, gerade zugesagt zu haben (lacht). Ich habe es aber nie bereut und lebe jetzt seit neun Jahren in Hamburg.
Das Projekt lief ja nicht immer so gut…
Am Anfang gab es im wesentlichen drei Parteien mit zum Teil unterschiedlichen Interessen. Die Stadt Hamburg, die Architekten und wir bei Hochtief – jeder hatte vertraglich gewisse Rechte und Pflichten, die Verträge waren jedoch nicht synchronisiert. Es gab Widersprüche in den unterschiedlichen Verträgen und dadurch Stress zwischen den Parteien. Aber dies ist Geschichte. Anfang 2013 wurden die Verträge zwischen den Planern, der Stadt Hamburg und uns neu verhandelt und vereinbart. Zu diesem Zeitpunkt hat Hochtief die gesamte Projektsteuerung inklusive der Planung übernommen. Seitdem bin ich zusammen mit Kollegen für die Gesamtprojektleitung der Elbphilharmonie zuständig.
Die explodierenden Baukosten und die lange Bauzeit sorgten vielfach für Kritik. Das Projekt steht daher extrem im Focus der Öffentlichkeit. Wie arbeitet man, wenn man so genau beobachtet wird?
Ich gebe mein Bestes und muss überzeugt sein von dem, was ich tue. Es ist mir dabei wichtig, immer ruhigen Gewissens in den Spiegel schauen zu können. Klar: Es passieren sowohl bei mir als auch im Team einmal Fehler. Zu denen muss man dann auch stehen und gemeinsam eine Lösung finden. Bei mir auf dem Besprechungstisch steht eine Karte mit dem Text: „Fehler verbergen ist genau wie Korken versenken. Sie kommen immer wieder an die Oberfläche.“
Der Druck von außen ist sicherlich groß, damit muss man umgehen können. Es ist dabei wichtig, keine Versprechungen zu machen, die man nicht halten kann. Mit offener und ehrlicher Kommunikation kann man den Druck minimieren.
Was sind die grössten Herausforderungen auf der Baustelle?
Fast alle Projekte, also nicht nur Bauprojekte, sind im Gegensatz zu einer Serienfertigung immer nur bedingt planbar; es gibt daher täglich neue Probleme zu lösen. Das ist auf der einen Seite anstrengend, auf der anderen Seite macht es den Beruf auch abwechslungsreich.
Eine wesentliche Herausforderung für alle Beteiligten bei diesem Projekt ist die Komplexität. Vieles, was wir hier bauen, ist so noch nie gebaut worden. Dazu zählt zum Beispiel die Fassade mit ihren sphärisch gebogenen und bedruckten Scheiben. So werden die Scheiben zwar eben produziert, danach jedoch in einem Ofen verformt; aber auch die Wand und die Deckenkonstruktion des großen Saals, die sogenannte „Weiße Haut“. Diese besteht aus circa 10.000 unterschiedlich gefrästen Gipsfaserplatten, die an Spanten befestigt sind, ähnlich wie sie im Schiffsbau zur Verstärkung des Rumpfes genutzt werden. Ich vergleiche dies gerne mit einem 3D-Puzzle mit 10.000 Teilen in der gleichen Farbe, lediglich die Geometrie ist unterschiedlich.
Dann ist vielen auch nicht bewusst, dass wir drei Gebäude in Einem bauen. Zum einen ein Konzerthaus, zum anderen aber auch ein Hotel und Wohnungen. Man kann sich gut vorstellen, dass hier der Schallschutz eine sehr große Rolle spielt. Es ist sicherlich mal ganz schön, bei Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ im Hotel oder einer Wohnung einzuschlafen. Bei Stravinskys „The Rite of Spring“ ist an Schlaf jedoch eher nicht mehr zu denken. Umgekehrt passen die Hafengeräusche und das Horn der „Queen Mary“ auch nicht in jede Symphonie. Um hier für eine sehr gute Schallentkopplung zu sorgen, sind der „Große Saal“ und der „Kleine Saal“ über Federn in dem Massivbau frei schwingend aufgehängt. Zusätzlich sorgen zwei dicke Betonwände dafür, dass kein Schall von innen nach außen dringt oder umgekehrt.
Es gibt sicherlich auch Dinge, an die du dich gerne erinnerst.
Sehr schön war es zum Beispiel, als wir die Bauarbeiten nach der Neuordnung wieder richtig angeschoben haben. Zu der Zeit haben wir gerade das Stahl-Tragwerk über dem „Großen Saal“ gebaut. Die Leute haben Tag und Nacht gearbeitet. Es ist einfach toll, wenn man nachts unter Flutlicht sieht, wie die schweren Stahlträger am Kran hängen und zusammengeschraubt werden und sieht wie das Gebäude wächst.
Wann wird die Elbphilharmonie fertig sein?
Wir werden die Arbeiten Ende Oktober 2016 abschließen und ein Teil des Gebäudes, wie das Hotel, der Restaurantbereich und die Plaza, werden im November eröffnet. Das erste Konzert wird es am 11. Januar 2017 geben.