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18. Juni 2019„DURCH SEINE FLÜGEL HAT EIN VOGEL DIE GRÖSSERE MACHT“
Die Szene erinnert an Alfred Hitchcocks Horrorfilm „Die Vögel“: Eine gut gekleidete Frau steigt in einer Straße mit weiß getünchten, stuckverzierten Altbauten aus einem Auto. Über ihr sammelt sich lärmend eine Horde Krähen. Bedrohliche Musik. Sie geht zur Haustür. Die Krähen fliegen los und überdecken alle Autos mit Vogelkacke, nur ihres bleibt verschont. Einblendung: „Die Natur wird dich lieben“. Die Frau zwinkert einer Krähe verschwörerisch zu. Ihr Auto fährt mit Wasserstoffantrieb. An diesem Werbefilm war die Falknerei von Thomas Wamser beteiligt. Doch obwohl er immer wieder auf die Filme angesprochen wird, machen diese nur einen kleinen Teil seiner vielfältigen Arbeit aus.
Ich fahre raus aus Braunschweig, eineinhalb Stunden lang über Landstraßen und durch Dörfer hindurch nach Müden. Die Kronen der Bäume wachsen hier teilweise bis über die Straßenmitte. Die schöne Landschaft schaukelt mich in die Spur der Natur. Falkner Thomas Wamser und ich haben uns für 9 Uhr morgens vor dem Wildpark verabredet. Schon um diese Zeit ist es brütend heiß.
Am Eingang bietet er mir gleich einen Bollerwagen an, damit ich mein Foto-Ausrüstung nicht tragen muss. Sonst freuen sich die Eltern, dass sie mit dem Bollerwagen ihre Kinder ziehen können. Wir laufen durch den Park, an einer Voliere vorbei und setzen uns auf eine der Holzbänke im Schatten großer Bäume. Dort sitzen sonst die Zuschauer der Flugschau.
DEINE TIERE TAUCHEN IN KRIMIS UND KINOFILMEN AUF…
Ja, wobei das nur einen Bruchteil unserer Arbeit ausmacht. Wir sind vielleicht an zehn Filmdrehs pro Jahr beteiligt – im Vergleich dazu bieten wir täglich zwei Flugshows in zwei verschiedenen Wildparks an, also insgesamt rund 1400 pro Jahr.
WOHER KOMMEN IHRE VÖGEL?
Sie stammen alle aus Zuchten. Von Tierparks oder von Privatleuten, die eine Genehmigung dafür haben. Wir haben auch eine eigene Zuchtstation und ziehen dort Greifvögel, Eulen oder Raben nach. Die behalten wir entweder oder tauschen beziehungsweise verkaufen sie.
WIE ALT SIND DIE TIERE, WENN SIE ZU IHNEN KOMMEN?
Das ist unterschiedlich. Greifvögel brauchen drei Monate, bis sie ausgewachsen und flugfähig sind. Dann kommen sie zu uns. In freier Wildbahn bleiben die Tiere bis zu sechs Monate bei ihren Eltern. Viele Arten brauchen dann noch eine Weile, bis sie selbst geschlechtsreif sind. Bei großen Adlerarten dauert das zwischen fünf und sieben Jahre. Erst dann binden sie sich an einen Partner. Nur wenn der Vogel so lange in der Wildbahn überlebt hat, darf er seine Gene weitergeben. So vermehren sich nur die wehrhaftesten und erfolgreichsten Jäger. Das ist Arterhaltung.
WIE WERDEN DIE TIERE TRAINIERT?
Wir verbringen viel Zeit mit den Tieren und belohnen dabei positive Ereignisse und vermeiden negative. Das Belohnen geht vor allem über das Futter. Einen Hund kann man zu etwas bewegen, indem man ihn streichelt oder die Stimme erhebt. Das tangiert einen Greifvogel definitiv nicht.
Beim Training muss man sehr konzentriert sein, man kann einen Vogel ganz schnell verunsichern, indem man ihn im falschen Moment belohnt. Meist sind die Tiere konsequenter in ihrem Handeln als der Mensch. Wir Menschen machen Fehler. Für den Vogel wäre ein Fehler in freier Wildbahn das Todesurteil.
WIE LÄUFT DAS TRAINING KONKRET AB?
Das Training ist gestaffelt: Es beginnt mit dem Abtragen, das sind Spaziergänge mit dem Vogel. Damit versucht man, ihn vertraut zu machen. Dann geht es los mit den ersten Trainingsflügen, den sogenannten Beireitübungen. Dabei hüpft der Vogel 10 Zentimeter, 50 Zentimeter oder einen Meter und bekommt eine Belohnung dafür. Das passiert in einem gesicherten Umfeld, in der Voliere oder draußen mit einer Kordel. Und dann erhöht man peu à peu den Schwierigkeitsgrad und lässt den Vogel immer weiter fliegen. Irgendwann macht man die Kordel ab. Dann sieht man, wie gut der Vogel schon trainiert ist. Ein „fertig“ gibt es beim Training aber nicht, denn dann schleichen sich wieder Fehler ein.
KÜMMERN SICH IMMER DIE GLEICHEN MITARBEITER UM DIE VÖGEL?
Im Prinzip kümmern sich alle Mitarbeiter sowohl um die Tierpflege als auch um die Flugshows. Wie viel jeder Einzelne tatsächlich mit den Vögeln arbeitet, ist vom Ausbildungsstand und vom Tier abhängig. Es gibt Vögel, die einem Mitarbeiter klar machen: „Nö, mit dir nicht“. Für denjenigen ist es dann schwierig, den Vogel zu irgendetwas zu bewegen. Auch sonst kann sich ein Vogel mal verweigern. Was willst du da machen? Du kannst den Baum hochklettern, dann kann er aber immer noch wegfliegen. Der Vogel hat durch seine Flügel die größere Macht. Damit muss man sich arrangieren. Die Arbeit mit den Tieren ist in hohem Maße eine Partnerschaft, die aus Geben und Nehmen besteht.
DAS IST JA AUCH GUT SO
Eben. Und oft haben die Tiere wirklich interessante Mentalitäten.
DU MEINST DIE CHARAKTERZÜGE DER VÖGEL?
Ja und ihre Launen. Wenn sie zum Beispiel in der Mauser sind und ihr Gefieder wechseln, merkt man, der eine ist empfindlicher bei kälteren Temperaturen, der andere eher bei warmen. Sie sind dabei immer ehrlich. Ein Mensch kann dir Freude vorgaukeln, ein Greifvogel oder ein anderes Tier tut das nicht. Viele Tierpfleger arbeiten deshalb lieber mit Tieren als mit Menschen.
GIBT ES ETWAS, WAS DU SCHON IMMER ÜBER VÖGEL ERZÄHLEN WOLLTEST?
Artenschutz ist uns sehr wichtig. Aber wir halten keine langatmigen Vorträge darüber. Ein Wildpark ist eine Freizeiteinrichtung, die Besucher wollen unterhalten werden und Spaß haben. Wenn es ihnen gut geht, dann nehmen sie auch Informationen auf – und mit. Deshalb ist es uns auch wichtig, dass die Leute sich wohlfühlen: Ist die Bank naß, gibt es für sie ein Sitzkissen. Sitzen sie in der Sonne, gibt es etwas zu trinken. In einer Flugshow können wir nur ein wenig Informationen geben, aber es ist besser als die große Wissensdusche aufzudrehen, die am Ende jeden abschreckt.
Weitere Informationen
Vorführungen der Eventfalknerei (http://eventfalknerei.de/) gibt es im Wildpark Müden in der Südheide und im Wildpark Schwarze Berge, südlich von Hamburg.
Den eingangs erwähnten Werbefilm kann man hier ansehen:
http://eventfalknerei.de/werbedreh-die-grosse-klappe-2018/